Dienstag, 21. Februar 2012

natural vs. artificial classification


Dienstags habe ich eine Vorlesung mit dem Titel  „Knowledge Organization Systems and Processes.“ In den vorangehenden Sitzungen haben wir Grundlagen von Klassifikationen kennengelernt. Heute ging es um die Frage, ob es sich bei einer Klassifikation, die in einer Bibliothek zur Anwendung kommt, um eine natürliche oder eine künstliche handelt.

Eine natürliche Klassifikation basiert auf mehreren Unterscheidungskriterien, in der Biologie wären dies z.B. die Morphologie, Anatomie und Biochemie. Die natürlichen Klassifikationen der Flora und Fauna basieren auf genetischen und evolutionären Beziehungen, weshalb verwandte Organismen in selbe Gruppen unterteilt werden. Die Vorteile dieser Klassifikation liegen auf der Hand: sie gibt viele Informationen über einzelne Organismen wieder, hilft bei der Identifikation von Organismen und beim Information Retrieval. Kurz: sie hat einen hohen Erklär- und Vorhersagewert. Eine natürliche Klassifikation ändert sich aber auch durch neue Erkenntnisse und bei wenig bekannten Organismen kann es unmöglich werden, sie an der richtigen Stelle einer Klassifikation zu platzieren.

Die künstlich geschaffene Klassifikation ist hingegen stabil  und kann noch unzureichend bekannte Organismen oder Objekte endgültig platzieren. Eine künstliche Klassifikation ist einfach aufgebaut, da sie auf einer kleinen Auswahl von Unterscheidungskriterien basiert, die meist oberflächlich sind, z.B. ist es im Handel üblich Obst nach Steinobst, Schalenobst, Beerenobst usw. zu unterscheiden. Obst in der Botanik wird aber anders definiert und klassifiziert. Eine künstliche Klassifikation aber soll einen   bestimmten Zweck erfüllen und nützlich sein, in diesem Fall ist diese Unterteilung des Obstes für einen Gärtner von Nutzen. Eine künstliche Klassifikation kann aber niemals eine natürliche ersetzen.

Ein sehr anschauliches Beispiel für eine natürliche Klassifikation ist das Periodensystem der Elemente. Timothy Stowe hat aber zum Zweck der geometrischen Aufzeigung der Beziehungen zwischen atomaren Strukturen und ihrem chemischem Verhalten, eine künstliche Klassifikation der Elemente geschaffen. Physicist's Periodic Table by Timothy Stowe

Basierend auf Stowes Periodensystem der Physiker hat ein gewisser Scerri (Scerri, Eric R. Collected papers on philosophy of chemistry) die Behauptung aufgestellt, dass Helium kein Edelgas, sondern ein Erdalkalimetall (wie Magnesium und Calcium auch) sei. Nun, die Antwort auf diese Frage kenne ich  nicht, aber bemerkenswert ist, dass alle anderen Edelgase auf –on enden, nur Helium nicht.  Hier hilft Wikipedia mit der Erklärung weiter, dass das Element Helium bei seiner Entdeckung für ein Metall gehalten wurde und deshalb die neutrale Endung –ium erhalten hat.
Was ich daraus lerne, ist, dass eine künstliche Klassifikation womöglich zu neuen Erkenntnissen im  natürlichen Klassifikationssystem führen kann.

PS: Es folgt eine kleine Bemerkung zu false friends im Englischen. Das englische Wort physicist bezeichnet einen Physiker, ein physician ist hingegen ein Arzt. Ah!

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